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Zwischen PC und Schraubenschlüssel

Öl verschmiert über einem offenen Motor hängen oder unter einem Auto schrauben: So klischeehaft war das Bild eines Kfz-Mechanikers früher. „Das hat sich alles geändert“, lachen Eckhard Krause, Ausbilder der Kfz-Innung für den Bereich Überbetriebliche Ausbildung, und Robert Jeromin, Stellvertretender Obermeister der Kfz-Innung. Denn dank der Veränderungen auf dem Markt, wird die Arbeit als Kfz-Mechatroniker heute immer anspruchsvoller.

Darauf bereitet das Team der Über­betrieb­lichen Ausbildung die Azubis vor: In der Werkstatt an der Bergheimer Straße in Grevenbroich bieten die Ausbilder in den dreieinhalb Jahren Lehrzeit zehn verschie­dene Angebote an, in denen sich die Azubis mit Themen wie Mechatronik, Elektronik oder Fehlersuche auseinan­dersetzen. Ein Bereich, der immer wichtiger wird, ist der Hochvolt-Bereich. Dieser betrifft alle Fahrzeuge über 60 Volt, also die Hybridautos und Elektro­fahrzeuge: „Die Mechaniker müssen wissen, wie sie mit diesen Fahrzeugen arbeiten – wir reden von Spannungen, die sonst lebensgefährlich sein können.“

Das Besondere ist, dass die Ausbilder sich auch auf diese neuen Gebiete immer wieder einstellen müssen, wie Krause berichtet: „Die Fortbildung der Ausbilder geht immer weiter. Wir müssen uns natürlich auch weiterbilden, damit wir den Lehrlingen alles beibringen können.“ Für Jeromin ist genau diese Weiterentwicklung der Grund gewesen, sich damals für ein Handwerk in der Automobilbranche zu entscheiden: „Alles verändert sich. Genau das ist die Herausforderung: Wir arbeiten mit neuen Technologien. Immer wieder kann ein neuer Fortschritt uns erreichen und wir müssen uns darauf einstellen.“

Und aktuell ist wohl einer der größten Umbrüche in der Auto-Industrie: „Die Elektromobilität verändert so viel. Es ist spannend, dass wir das gerade erleben. Wer jetzt die Ausbildung macht, wächst natürlich mit einem anderen Bewusstsein für alternative Antriebsmöglichkeiten auf.“ Nur wer den Lehrgang in dem Hochvolt-Bereich absolviert, darf in der Werkstatt auch an den entsprechenden Autos schrauben. „Und das ist natürlich extrem wichtig für die Zukunft. Es ist spannend, was der Markt mit sich bringt“, so die beiden Experten.

Doch nicht nur die Elektrofahrzeuge sind eine der großen Veränderungen. „Mittlerweile sind ja selbst die Fahrzeuge in der unteren Preisklasse fahrende Netzwerke“, lacht Krause. Damit spielt er auf die immer größer werdende Digitalisierung der Fahrzeuge an. „Und entsprechend arbeiten bei uns auch die Mechatroniker: Statt Werkzeugkiste holen, Auto aufschließen und reparieren läuft es heutzutage ganz anders ab. Wir verbringen ganz viel Zeit am Computer, ein Mechaniker muss viel Kopf-Arbeit erledigen. Da werden Informationen in den Portalen zusammengesucht, Strukturen des Herstellers gelernt. Fehler ausgelesen und dann erst auf die Suche begeben, wo der Ursprung für den Fehler denn sein könne. Die Arbeit ist unfassbar anspruchsvoll geworden“, erklärt Jeromin und spielt dabei darauf an, dass die Anforderungen an die Azubis viel höher sind. Früher sei es eine Lehre klassisch für Hauptschul- und Realschulabsolventen gewesen. Mittlerweile finden auch viele Abiturienten den Weg in die Ausbildung – und hängen dann noch ein Studium an.

„Uns ist aber dennoch ganz wichtig, dass die Ausbildung wirklich für jeden freisteht. Wir suchen motivierte Menschen, die Gas geben. Wer Blut geleckt hat, investiert Zeit und Gehirn und geht mit einem ganz anderen Elan an die Sache“, erklären Jeromin und Krause. Und machen Werbung für die Ausbildung im Kfz-Wesen: „Es gibt ganz viele Arbeitsbereiche. Und auch wenn viel mehr über den Computer läuft: Der ist immer nur so schlau, wie der Mensch, der ihn bedient. Zudem sagt das Diagnosegerät zwar aus, dass etwas kaputt ist. Aber die Arbeit wo genau und wie es behoben wird, bleibt natürlich immer noch beim Mechatroniker.        

Und damit diese bestens auf die Arbeit in den Betrieben vorbereitet sind, kann sich in der Werkstatt für die Überbetriebliche Ausbildung jeder an einen Computer setzen. Zudem ist das Arbeiten an Hochvolt-Trainingswänden eine perfekte Möglichkeit, zu lernen, wie das Elektro-Auto repariert wird – ohne dabei tatsächlich an einem echten Wagen alles ausbauen zu müssen.

„Die Faszination Auto verliert einfach nicht: Die glitzernden Karossen haben ihren Reiz. Rennsport hat auch immer eine Magnet­wirkung. Es ist ja auch faszi­nie­rend: Motoren laufen noch wie vor 100 Jahren. Und diese alte Technik harmoniert jetzt mit der neuen Technik wie zum Beispiel Mitteln zur Schadstoffreduzierung“, fasst Jeromin zusammen.

 

Eckhard Krause und Robert Jeromin über dem Motor eines Elektroautos. Dieses wurde extra für die Werkstatt angeschafft, damit die Azubis dieses wichtige und zukunftsorientierte Feld in der Praxis erlernen können.

Quelle: Text und Foto: Julia Schäfer, Kurier Verlag, Sonderveröffentlichung Durchstarten vom 14.03.2020